Der Jarrow-Marsch war ein historisches Ereignis, das die düstere Realität der Massenarbeitslosigkeit und sozialen Ungleichheit in Großbritannien während der Zwischenkriegszeit aufdeckte. Im Oktober 1936 marschierten 200 arbeitslose Männer aus Jarrow, einer industriellen Stadt im Nordosten Englands, nach London. Ihr Ziel: Die Regierung zu drängen, Maßnahmen gegen die katastrophale wirtschaftliche Lage in ihrer Region zu ergreifen. Dieser Marsch, organisiert von der „Jarrow Unemployed March Committee“, sollte ein Symbol für die verzweifelte Situation vieler Briten werden, die durch die Folgen der Weltwirtschaftskrise und den Niedergang traditioneller Industrien hart getroffen wurden.
Die Geschichte des Jarrow-Marsches beginnt mit dem wirtschaftlichen Wandel, der Großbritannien in den 1920er Jahren erfasste. Die traditionelle Schwerindustrie, auf der Städte wie Jarrow einst prosperierten, sah sich mit starkem Wettbewerb aus anderen Ländern konfrontiert. Die Schiffswerften, die Jarrow zu einem Zentrum der Schiffsbauindustrie gemacht hatten, verzeichneten drastische Produktionsrückgänge.
Die Folgen waren verheerend: Tausende von Arbeitsplätzen gingen verloren und Massenarbeitslosigkeit setzte ein. In Jarrow stieg die Arbeitslosenquote auf über 70%. Die Menschen, die einst stolz auf ihre Arbeit in den Werften waren, standen nun vor einem ungewissen Zukunft. Viele Familien gerieten in tiefe Armut, und die sozialen Spannungen stiegen.
Gegen diesen Hintergrund wurde der Jarrow-Marsch als verzweifelter Appell an die Regierung initiiert. Die marschierenden Männer, darunter viele ehemalige Schiffbauer, wollten ihre Situation öffentlich machen und die Aufmerksamkeit auf die dringende Notwendigkeit von staatlichen Hilfsprogrammen lenken.
Ihr Marsch führte sie über 430 Kilometer durch das Land, vorbei an
Stadt |
---|
Darlington |
Durham |
York |
Leicester |
Northampton |
Während ihrer Reise wurden sie von Menschen unterstützt, die ihre Situation nachfühlten. Lebensmittelspenden und Unterkünfte wurden ihnen angeboten, und viele lokale Zeitungen berichteten über ihren Marsch. Der Jarrow-Marsch erlangte so schnell nationale Aufmerksamkeit.
In London angekommen, wurden die Demonstranten zwar von der Regierung empfangen, doch ihre Forderungen wurden größtenteils ignoriert. Die konservative Regierung unter Neville Chamberlain lehnte jegliche Form direkter staatlicher Intervention ab und verwies stattdessen auf lokale Hilfsprogramme.
Der Jarrow-Marsch blieb zwar ohne unmittelbaren politischen Erfolg, er hatte dennoch eine tiefgreifende Wirkung auf die öffentliche Meinung in Großbritannien. Der Marsch trug dazu bei, das Problem der Massenarbeitslosigkeit stärker in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken und löste eine Debatte über die Rolle des Staates in der Gesellschaft aus.
Der Jarrow-Marsch gilt heute als ein wichtiger Meilenstein in der britischen Arbeitergeschichte. Er erinnert daran, wie die Folgen von wirtschaftlicher Krise und sozialer Ungleichheit das Leben von Menschen auf tiefgreifende Weise beeinflussen können.